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Sonntag, 30. Januar 2011

Ägyptische Demonstranten verlieren zusehends ihre wichtigste Waffe

Die ägyptischen Demonstranten verlieren einen wichtigen Verbündeten im Kampf für einen Rücktritt von Präsident Mubarak. Dem Sender Al-Dschasira wurde die Lizenz entzogen, ohne die Medien im Land sind die Demonstranten den Sicherheitskräften ausgesetzt. Wie wird sich die Armee verhalten?


Der scheidende Informationsminister Anas el Fekki hat kurz vor seinem Amtsverlust Al-Dschasira die Lizenz entzogen, die Akkreditierung der Journalisten wurde für nichtig erklärt. Al-Dschasira ist noch auf Sendung, jedoch wird mit einem Abschalten noch am Sonntag gerechnet. Die Demonstranten haben neben ihrer Stimme vor allem mit den Fernsehkameras eine wichtige Waffe in der Hand, die sie zu verlieren drohen. Nur durch bewegte Bilder wird die Weltbevölkerung aufmerksam gemacht, gleichzeitig schützen Kameras die Demonstranten auch vor Repressalien seitens der Sicherheitskräfte, da selbst die Schergen des scheidenden Regimes wissen, dass sie sich damit nur weiter isolieren, national wie international. Befürchtungen werden laut, dass durch die geringere mediale Präsenz die Polizisten noch härter gegen die Proteste vorgehen könnte.

Bislang sind die Demonstranten von der Armee beschützt worden, wenn dies nötig war. Es kommt zusehends auf die Armee an, stellt sie sich auf die Seite der Demonstranten, dann muss Mubarak abdanken. Desto länger dieser Protest aber dauert, desto unwahrscheinlicher ist ein baldiger Abschied von Mubarak. Immerhin dürfte sich Mubarak sagen, dass er die ersten Tage (politisch) überlebt hat, dann kann er vielleicht auch die gesamte Revolte aus sitzen. Sollte der Protest-Druck nachlassen und zusehends weniger Menschen auf die Straße gehen, so kann die Revolution ebenso gut scheitern, wie die versuchte Twitter-Revolution im Iran.

Sollten die Medien an der Berichterstattung gehindert werden, kann davon ausgegangen werden, dass die Gewalt auf der Straße seitens der Regierung zunimmt. Für die Regierung Ägyptens ist dies eine logische Folge, immerhin haben sie ja schon das Internet und das Mobilfunknetz gekappt, jetzt offenbart Mubarak erneut, was er von freiheitlicher Demokratie, zu der die Pressefreiheit zählt wie der Donner zum Blitz, hält.

Samstag, 29. Januar 2011

Mubarak versucht das Militär auf seine Seite zu ziehen, USA wusste von Umsturz-Plänen

Nachdem Mubarak am Freitag seine komplette Regierung entließ und demokratische Reformen versprach, ließ er heute Taten folgen und besetzte Schlüsselämter der neuen Regierung mit ehemaligen Militärs und Geheimdienstleuten.

Hintergrund ist wohl, dass Mubarak zwingend die Unterstützung des ägyptischen Militärs benötigt, will er weiterhin Präsident des Landes bleiben. Deshalb ernannte er Omar Suleiman zu seinem Vizepräsidenten, dem ersten Stellvertreter Mubaraks, seit dem er die Macht im Jahre 1981 auf sich vereinigte. Diese Konzession an das Militär zeigt deutlich, dass Mubarak nach dem Verlust des Vertrauens der Bevölkerung nun auch um die Gefolgschaft seines Militärs kämpfen muss. Auch deshalb wurde als neuer Ministerpräsident Ahmad Schafik ernannt, dieser kommt von der Luftwaffe und besitzt dementsprechend auch gute Kontakte in das Militär hinein.

Ob Mubarak damit seine Macht sichern kann, ist mehr als nur ungewiss. Trotz Ausgangssperre gingen erneut Zehntausende auf die Straße und forderten den Rücktritt des ewigen Präsidenten. Und das Militär zeigt sich bislang noch unentschlossen, jedenfalls gehen sie nicht mit Gewalt gegen die Menschenmenge vor, sondern halten sich zurück. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich das Militär entscheiden wird. Sollte es sich endgültig auf die Seite der Demonstranten stellen, so könnte sich Mubarak nicht länger an der Macht halten, da er bereits jetzt politisch isoliert ist, national wie international.

Darüber hinaus wurde bekannt, dass die US-Botschaft im Jahre 2008 über Umsturz-Pläne informiert wurde, diese aber als "äußerst unwahrscheinlich" abtat. Dies geht aus einem Dokument hervor, welches von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht wurde. Der Informant, der trotz der Skepsis seitens der US-Botschaft in die USA eingeladen wurde, um mit verschiedenen Politikern, Think Tank-Mitarbeitern zu sprechen und an einem Kongress anderer Oppositioneller teilzunehmen. Die Hinweise verdichten sich also, dass die anhaltenden Proteste in Nordafrika durch die USA unterstützt werden.

Neben den Revolutionen: Was sonst noch passierte


Die Verlängerung des Afghanistan-Krieges wurde durch den Bundestag gepeitscht, der Ölpreis klettert, während der Baltric Dry Index (BDI) keinen Boden findet und in Davos zementiert Sarkozy die EU.
Die Revolutionen in Ägypten und Tunesien verdecken mitunter den Blick auf andere Themen. Dieser Aufarbeitung der Themen, die zu kurz gekommen sind, soll hier Raum geboten werden.

Zunächst outete sich die SPD abermals als Kriegspartei und stimmte mehrheitlich für die Verlängerung des Krieges. Geradezu frenetisch wurde der Passus bejubelt, nach dem die Bundeswehr zum Ende des Jahres mit dem Abzug beginnen könnte, wenn dies die Sicherheitslage zuließe. Wer tatsächlich erwartet, dass dies in 11 Monaten der Fall ist, ist entweder ein überzeugter/verdummter Sozialdemokrat oder leidet unter Realitätsverlust. Lediglich Siggi Pop Gabriel sorgte mit seiner Forderung nach einem Rücktritt von zu Guttenberg für eine Duftmarke und wärmte das SPD-Herz, was so weit nach rechts gewandert ist, dass es wie Hohn klingt, wenn man sich im Willy-Brandt-Haus mit Genosse anspricht.

Die Öl-Referenzsorte WTI stieg am Freitag um kräftige 5,13%, auf nunmehr 89,57 US-Dollar. Die wichtigste europäische Rohölsorte Brent liegt sogar bei 99,33 US-Dollar. Solange die Revolutionen im Nahen Osten und Nordafrika wüten, ist ein Sinken des Ölpreises eher unwahrscheinlich. Bereits in einem vorherigen Beitrag wies ich darauf hin, dass ein Übergreifen dieser Protestbewegungen auf Saudi-Arabien dem US-Dollar den Todesstoß versetzen könnte. Ein hoher Ölpreis signalisiert, so die Höhe nicht von Spekulation und zu viel Liquidität getrieben ist, eine höhere Wachstumsrate der Wirtschaft.
Dem gegenüber steht der Baltric Dry Index (BDI). Dieser gilt als Frühindikator für Wendepunkte der Weltwirtschaftsleistung und befindet sich seit Monaten auf Talfahrt. Der BDI bildet die weltweiten Frachtmengen in der Schifffahrt ab, ein Absinken des BDI ist – vor allem in dieser Intensität – ein deutliches Warnsignal, dass die Wirtschaft im Sinkflug ist. Wie passt der hohe Ölpreis nun mit dem niedrigen BDI zusammen? Gar nicht könnte man meinen. Die logische Schlussfolgerung daraus: Einer der beiden muss verzerrt sein. Die Unsummen, die in der jüngeren Vergangenheit ins System gepumpt wurden, lassen den Schluss zu, dass der Ölpreis vor allem von Spekulanten nach oben getrieben wird, ebenso wie die Lebensmittelpreise.

Sarkozy hielt unterdessen eine aufrüttelnde Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Er strich heraus, dass Frankreich und Deutschland nie den Euro würden fallen lassen. Nun sollte man sich ja bei Politikern und ihren Äußerungen die Frage stellen, warum sie diese tätigen. Anscheinend ist Sarkozy angst und bange und er sah sich genötigt, erneut eine derartige Garantie abzugeben. Derlei Garantien sind ähnlich wie Rücktritts-Drohungen: Mit zunehmender Anzahl dieser Garantien oder Rücktritts-Drohungen nutzen sich diese ab, bis sie keiner mehr ernst nimmt. Sarkozy tätigte allerdings weitere, viel interessantere Aussagen: Er kritisierte die Tatsache, dass wir seit 11 Jahren im 21. Jahrhundert seien, aber immer noch die Institutionen des 20. Jahrhunderts hätten. Er forderte eine grundlegende Reform des UN-Weltsicherheitsrats und gleichzeitig will er, dass die G20 verbindliche Entscheidungen fällen kann. Der Weg zur Global Governance wird also weitergegangen, die durch die Finanzkrise aufkommenden Ideen zur Re-Nationalisierung werden weggewischt. Es ist immer noch die alte Arroganz der Mächtigen, die Mubarak und Co. gerade zum Verhängnis werden.

Zum Ende noch etwas zu der ägyptischen Revolution: Der Telegraph berichtet, dass die ägyptischen Revolutionäre doch tatsächlich von der US-Administration unterstützt werden. Das intuitive Bauchgefühl so vieler hat sich also auch dieses Mal nicht getäuscht.

Freitag, 28. Januar 2011

Dollar-Kollaps durch saudi-arabische Revolution?

Ist der Verkauf des saudi-arabischen Öls in US-Dollar die Sollbruchstelle des Systems? Was passiert, wenn sich die derzeitigen Revolutionen auf Saudi-Arabien ausbreiten und wie wahrscheinlich ist dies?

Saudi-Arabien ist das Land mit den meisten Ölvorkommen auf der Welt. Anders als beispielsweise der Irak, in dem die Infrastruktur zu wünschen übrig lässt, ist Saudi-Arabien gleichzeitig auch der größte Ölproduzent. Seit nunmehr 40 Jahren, nachdem US-Präsident Nixon das System fester Wechselkurse und den Goldstandard auf den Müllhaufen der Geschichte entsorgte, hängt das Weltwährungssystem vom US-Dollar ab. Dieser wiederum ist darauf angewiesen, dass Rohstoffe, allen voran Erdöl, in US-Dollar gehandelt werden, damit die Schulden-Orgie der USA durch weltweite Inflation finanziert werden kann. 

Saudi-Arabien ist seit jeher ein enger Wirtschaftspartner der USA, selbst die bis heute nicht vollends aufgeklärten und lediglich durch eine Pseudo-Untersuchungskommission beleuchteten Anschläge des 11. September konnten dieser engen Verbindung keinen Abbruch tun. (15 der „Terroristen“ kamen aus Saudi-Arabien.)
Die Beziehungen können demnach durch nichts wirklich getrübt werden, denn wenn das politische und mediale Großereignis 9/11 nicht zu einer Abkühlung der Beziehungen führt, was denn dann?

Das Internet.

10 Millionen Saudis sind mittlerweile online, 3 Millionen sind auf Facebook, Twitter und Co. unterwegs. Wir konnten in Tunesien und auch in Ägypten (Bevor der Internet-Kill-Button gedrückt wurde) sehen, wie mächtig das Volk mit Hilfe des Internets werden kann. Die momentane Revolutions-Welle kann auch Saudi-Arabien erreichen. Auch dieses Land ist autokratisch. Auch dieses Land hat eine wohlhabende Elite, während das einfache Volk wenig abbekommt vom Petro-Reichtum. Auch hier existiert also der notwendige Nährboden für eine Revolution: Während die saudische Königsfamilie in Palästen wohnt, kann sich die Bevölkerung im Vergleich zu ihren direkten Nachbarn zwar noch glücklich schätzen, die Frage jedoch ist, wie lange dies noch so bleibt. Wird die Losung „Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“ für Saudi-Arabien symptomatisch?

Wo auch immer man hinblickt, die Probleme ähneln sich: Jemen, Syrien oder Libyen, überall gärt es, nur mehr übertüncht durch staatliche Gewalt und der Tatsache, dass diejenigen Menschen, die auf die Straße gehen würden, wohl noch zu mutlos sind oder schlicht zu hungrig.

Eine wichtige Frage bleibt: Wer profitiert von den Umbrüchen?

Zweifellos die Demokratie und mit ihr die Länder, die sich die Demokratie auf die Fahne geschrieben haben, sie gleichzeitig aber mehr und mehr aushöhlen. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Oppositionellen  von westlichen Staaten bzw. Geheimdiensten unterstützt werden, um „demokratische Strukturen“ zu etablieren, auch wenn dies zu dieser Zeit nicht mehr als Spekulation ist. Bei der Etablierung dieser Strukturen werden dann die heißgeliebten Regierungen der „nationalen Einheit“ helfen, meist angeführt von Menschen, die dem Westen näher stehen, als dem Land, welchem sie dienen sollen. Marionetten-Regierung ist oftmals ein Synonym für eine Regierung der nationalen Einheit, ein Blick in die Geschichte der US-Außenpolitik reicht aus, um dies zu erkennen.

Steht am Ende der Reihe der Revolutionen also das Königreich Saudi-Arabien? Es wäre immerhin das Ende des US-Dollar. Sollte es nämlich zur  Revolution in Saudi-Arabien kommen, wird der Ölpreis nicht sinken, ganz im Gegenteil. Dies könnte der Schlusspunkt für ein Weltwährungssystem sein, welches den US-Dollar als Weltreservewährung benötigt. 

Die derzeitigen Umbrüche sehen für mich jedenfalls zu konzertiert aus, als dass sie von ganz allein und ohne westliche Intervention von statten gingen. Wenn man davon ausgeht, dass hinter diesen Revolutionen nicht gewählte und somit nicht-legitimierte Mächte stehen, dann drängt sich die Frage auf, was diese mit den Revolutionen bezwecken wollen. In der NWO-Mottenkiste finden sich viele Möglichkeiten: Die Etablierung einer Weltwährung steht wohl relativ weit oben auf der Agenda von Bilderberger, CFR und TC. Ob diese durch eine Revolutions-Welle im Nahen Osten und Nord-Afrika eingeführt werden kann, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Andererseits könnten diese Revolutionen auch erst der Anfang sein. Je nachdem wie weit die Inflations-Daumenschraube noch gedreht wird, stehen uns durchaus auch in anderen Ländern Revolutionen ins Haus. Mitunter auch in Ländern, von denen wir uns heute noch nicht vorstellen können, dass ausgerechnet diese Bevölkerung aufsteht und sich ihr Land zurückholt. Die Abkehr der US-Bevölkerung von ihrer Polit-Kaste lässt zumindest darauf hoffen, dass Revolutionen auch im Westen möglich sind.

Quelle: http://www.thedailybell.com/1717/Fall-of-Saudi-Arabia-to-End-Dollar-Reserve-System.html

EDIT: Erst jetzt entdeckt. In Saudi-Arabien brennt es bereits. klick
 
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Erst kommt das Fressen, dann die Moral

Der seit 30 Jahren regierende „Präsident“ Mubarak, bisher vom Westen protegiert, scheint dasselbe Schicksal zu ereilen, wie seinem Amtskollegen aus Tunesien. Die spekulativ nach oben getriebenen Preise für Lebensmittel scheinen der Genickbruch für autoritäre Regime zu werden.

Zehntausende versammeln sich in diesen Minuten in Kairo und protestieren gegen den Diktator Mubarak, der fälschlicherweise immer noch als Präsident betitelt wird. Der Begriff Präsident ist aus demokratischer Sicht der Mann an der Spitze eines Staates, der sich Wahlen stellt. Dies ist bei Mubarak nicht der Fall, er verzichtet auf grundlegende Prinzipien der Gewaltenteilung, u.a. auf die temporale Gewaltenteilung. Das nun Mohammed el-Baradei aus dem Hut gezaubert wurde, stimmt den geneigten Leser skeptisch. Der el-Baradei, der an der Spitze der Internationalen Atomenergieorganisation eine Speerspitze gegen das iranische Bestreben war, Atommeiler zu bauen. Der el-Baradei, der bei Israel hinsichtlich der Atomsprengköpfe ein Auge zudrückte. Immerhin zweifelte er die Begründungen für den Irak-Krieg 2003 an. 

Er will jetzt demokratische Reformen in Ägypten durchsetzen. Damit wechselt el-Baradei die Fronten, weg vom Vorsitz einer durch den Westen kontrollierten Organisation, die die Doppelmoral in den internationalen Beziehungen auf eine neue Stufe stellt, hin zu dem Land, in dem er geboren wurde. Natürlich ist es begrüßenswert, wenn jemand einem Land Demokratie bringen möchte, fraglich ist hingegen, ob er den demokratischen Deckmantel benutzt, um die Macht in Ägypten zu erlangen oder wahrhaftig demokratische Prinzipien durchsetzen möchte. Ein Prinzip für Demokratie ist, dass das Volk nicht hungern darf, da sonst eine Demokratie nicht überleben kann, selbst Diktaturen tun sich schwer mit einem hungernden und arbeitslosen Volk. Die Triebfeder der Proteste ist nicht der unbändige Wunsch nach Demokratie, sondern das Bedürfnis nach bezahlbarer Nahrung. Wie ein ehemaliger Diplomat wie el-Baradei dieses Grundbedürfnis stillen möchte, dazu findet sich nichts in den Zeitungen, der Fokus wird darauf gelegt, wie renommiert und integer und überhaupt el-Baradei wäre. Mehr als ein „Ich werde die Menschen nicht hängen lassen“ kam noch nicht von ihm, wohl aber gab es Meldungen, wonach er von der ägyptischen Polizei festgesetzt worden wäre. Was für eine Nachricht, ein Mensch, der sich offen gegen das ägyptische Regime stellt, sieht sich tatsächlich Repressalien ausgesetzt. 

Die Gallionsfigur des ägyptischen Protests, zu dem el-Baradei nun geschrieben wird, sollte sich Gedanken für eine Nach-Protest-Ordnung machen, will er sein hohes Ansehen nicht auf Spiel setzen. Sollte es el-Baradei auch nicht gelingen, das ägyptische Volk mit Nahrung und Arbeit zu beruhigen, so wird ihm auch nichts anderes übrig bleiben, als eine autoritäre Politik. Denn wenn Brecht einen wahren Satz geschrieben hat, dann den, dass vor der Moral das Fressen kommt. Internationales Ansehen Hin oder Her. Jedenfalls würde eine neue Regierung mit el-Baradei an der Spitze international anerkannt werden, obschon dies kein Prädikat für gute Regierungsarbeit ist. 

Denn der Westen, mit seinem angeblichen Ziel Demokratie in der Welt zu fördern, vergisst diese Räson immer genau dann, wenn es etwas zu verdienen gibt. Ob nun in Saudi-Arabien, Tunesien, Ägypten oder Afrika, der Westen hat immer schon mit Diktatoren zusammengearbeitet und sich nicht für die Bevölkerung der Länder interessiert. Saudi-Arabien wird übrigens dann von einer Revolutions-Welle heimgesucht werden, wenn die Herrscher-Familie dem Volk eingestehen muss, dass die Petro-Dollar verprasst und der Scheitelpunkt der Glockenkurve der Ölförderung erreicht wurde. Vielleicht können die Völker des Westens inspiriert werden von der blinden Wut und dem Mut der Verzweiflung der ägyptischen Bevölkerung. Zu hoffen bleibt, dass die ägyptische Bevölkerung keinem Blender aufgesessen ist, der Demokratie verspricht und Autorität bringt. Immerhin ist die IAEO keine Institution, die sich in ihrer Geschichte damit hervorgetan hätte, objektiv zu urteilen und sich gegen die Schandtaten des Westens gestellt hätte. Vielleicht ist el-Baradei genau deswegen der perfekte Mann für ein neues Ägypten, ein Ägypten das noch enger an den Westen rückt. Schade nur, dass es auf das falsche Pferd setzt und tatsächlich dem Westen vertraut, einem Westen, der im Begriff ist, seine Probleme nicht länger lösen zu können.

Mittwoch, 26. Januar 2011

Der Diebstahl an der Kaufkraft – Kalte Enteignung der Sparer


Nun also doch: Auch wenn Wirtschaftsminister Brüderle (FDP) keine inflationären Tendenzen erkennen kann, der Blick ins deutsche Portemonnaie offenbart, dass die Ängste um den eigenen Sparstrumpf berechtigt sind.

Das Schreckensgespenst Inflation ist nach Deutschland zurückgekehrt. Die über Generationen hinweg gefestigte Angst vor einem Anstieg der Verbraucherpreise findet dieser Tage neue Nahrung.
Experten prognostizieren eine über Jahre andauernde Teuerungsrate von 4 Prozent. Fraglich ist, ob dieser Wert richtig ist und warum die Inflation über mehrere Jahre linear ansteigen sollte, statt sprunghaft in die Höhe zu schnellen. Zweistellige Teuerungsraten würden nicht nur das geringe restliche Vertrauen in die Gemeinschaftswährung Euro vollends zerstören, es könnte hierdurch auch zu Protesten kommen. Bisher wurde die deutsche Bevölkerung zwar auch schon über Gebühr belastet, jedoch machen sich Garantien und Bürgschaften für andere Euro-Länder wie Griechenland nicht sofort im Geldbeutel bemerkbar. Die steigenden Preise für Produkte des täglichen Bedarfs hingegen schon.

Und es ist meiner Ansicht nach wesentlich wahrscheinlicher, dass die Inflationsrate höher steigt, als die 4 Prozent, die mittlerweile selbst Zentralorgane staatlicher Beruhigungspolitik  verkünden[1], als dass die Inflationsrate konstant bei 4 Prozent bleibt. Der Grund für diese Annahme sind die heute veröffentlichten Zahlen vom Statistischen Bundesamt. Demnach sind die Preise für Importgüter im Dezember 2010 um satte 12 Prozent gestiegen, im Vergleich zum Vorjahr. Dies wird die Inflationsrate in Deutschland abermals „beflügeln“. Besonders eklatant gestiegen sind die Preise für Metalle und Energie. Letztere war im Vergleich zum Vorjahr 34,2 Prozent teurer, während Eisenerz fast doppelt so teuer war, um groteske 98,4 Prozent stieg Eisenerz im Preis. Wir dürfen also gespannt sein, wann die Inflationsrate chinesische Höhen erreicht.

Die Europäische Zentralbank hat seit ihrer Gründung das Ziel, die Inflationsrate knapp unter 2 Prozent zu halten. Warum eigentlich nicht 0 Prozent? Dies würde die Gefahr in sich bergen, das die Wirtschaft in ein deflationäres Gefilde abrutscht, in dem keiner mehr konsumiert, da der Preis für das Gut X ja morgen schon fallen würde, warten sich dementsprechend „lohnt“. Überhaupt ist die Gefahr, die von der Inflation ausgeht, makroökonomisch betrachtet überschaubar: Zwar entwertet sich das Geld, die Schulden allerdings auch. Eine Entschuldung über den Umweg Inflation ist vor allem für diejenigen schmerzhaft, die ohnehin eher zu den „Armen“ zählen, also vom Hartz IV-Empfänger bis in die Mittelschicht hinein. Da diese zu sehr damit beschäftigt sind, ihre Rechnungen zu zahlen und ihren schlecht bezahlten Jobs nachzugehen, werden sie auch diese Kröte schlucken. Aber der von mir bereits angesprochene Leidensdruck steigt natürlich durch diese zusätzlichen Kosten, dieser versteckten Steuer zum Schuldenabbau.

Die noch ausstehenden Verhandlungen über Lohnerhöhungen in den verschiedenen Branchen müssen angesichts der steigenden Inflation kräftige Lohnzuwächse zum Ziel haben, um die Belastung abzufedern. Wie wahrscheinlich dies ist? Nun, die 4 Prozent hören sich gut an. Schließlich will man ja die Konjunktur nicht abwürgen, Deutschland muss konkurrenzfähig bleiben usw. Ob dies ohne Proteste von statten geht, darf bezweifelt werden, denn in Sachen Lohnzurückhaltung sind die Deutschen in den letzten Jahren zum Weltmeister avanciert und langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine Arbeitsstelle allein noch kein auskömmliches Leben garantiert. Dies wissen diejenigen, die in die Kategorie „working poor“ eingeordnet werden, nur zu gut.  Hunderttausende Menschen arbeiten Vollzeit und müssen dennoch zusätzlich zur Arbeitsagentur, da ihr Gehalt nicht ausreicht.

Das Konglomerat aus Politik und Wirtschaft muss aufpassen, dass der Wutbürger seinen Zorn nicht entlädt. Besonders schwierig ist dies im Jahr 2011, in dem keine Fußball-WM oder EM von den eigentlichen Problemen ablenken kann. Da haben es die Briten schon besser: Zwar beträgt da die Inflation schon ganz offiziell 3,7 Prozent, aber dieses Jahr wird im britischen Königshaus geheiratet, also alles halb so schlimm.

Montag, 24. Januar 2011

Die Teilung des Sudans im Lichte der US-Geopolitik


Das Referendum über eine Spaltung des Sudans ist weit vorangeschritten. Mit einem Ergebnis, dass stark an SED-Wahlergebnisse in der DDR erinnert, geht der Wettlauf zwischen China und den USA auf dem schwarzen Kontinent in eine neue Runde.

Knapp 99 Prozent der Südsudanesen haben sich nach ersten Ergebnissen für eine Abtrennung vom ungeliebten Norden ausgesprochen. Besonders ehrgeizig ging es in einigen Wahlkreisen zu, in denen eine Wahlbeteiligung von 105 Prozent registriert wurde. Diese würden nach Aussage eines Richters nicht in das amtliche Endergebnis Einzug finden.[1]

Die USA sind seit Jahren großer Befürworter der Abspaltung des Südsudans. Hintergrund ist die strategische Lage dieses Gebietes, außerdem verfügt der Süden über 80 Prozent der Erdöl-Vorkommen des Sudans. Momentan ist China noch Hauptabnehmer des sudanesischen Öls, dies dürfte sich mit einer Separation des Südens grundlegend ändern. Der Sudan steht seit dem Jahr 1993 auf der „Terrorliste“ der USA, reiht sich ein in die Riege der Länder wie Kuba, Iran und Syrien. Diese werden (jedenfalls offiziell) nicht mit Rüstungsgütern beliefert, haben nur schwerlich Zugang zu den globalen Finanzmärkten und sehen sich auch sonst in einer Position, die nicht unbedingt komfortabel ist.
Auch aus diesem Grunde ist es US-Firmen bislang nicht möglich, den schwarzen Schatz des Sudans zu heben. Bereits im Vorfeld des Referendums sagte die USA, dass der Süden durchaus von der Terrorliste gestrichen werden könnte, so erst der neue Staat gegründet ist. Damit einher gehen dürfte wohl die Präsenz von US-Streitkräften, ob dies nun Soldaten im Dienste der U.S. Army sind oder angeheuerte Söldner von Blackwater und Co. spielt hierbei keine Rolle.

Die USA versuchen die Chinesen in ihrem Bestreben, sich die Filetstücke Afrikas zu sichern, auszubremsen und die Chancen stehen nicht schlecht, dass sie mit dem Südsudan einen Achtungserfolg einheimsen können. Problematisch sind hierbei die bestehenden Öl-Förderverträge, die vom Norden und vom Süden als unantastbar gelten. Eben jene Förderverträge sichern allerdings China einen großen Teil der Ölförderungen zu, insofern kann es nicht im Interesse der USA liegen, dass diese Verträge ihre Gültigkeit behalten. China ist größter Handelspartner des Sudan, ca. 60 Prozent der Exporte gehen nach China.

Wie kann man sich diesen leidigen Verträgen entledigen? Es steht zu befürchten, dass ein erneuter Bürgerkrieg im Sudan forciert wird. Entzünden kann sich dieser an der Zentralregion Abyei, bei der noch nicht geklärt ist, zu welchem der beiden künftigen Staaten sie gehören soll. Nicht nur, dass in Abyei abermals Öl gefördert werden kann, es ist auch eine Region, die mit üppigem Weideland ausgestattet ist, für die sudanesische Bevölkerung ein gewichtigerer Faktor als das Öl. Bislang konnten sich der Norden und Süden noch nicht darauf einigen, wer nun schlussendlich diese Region für sich beanspruchen kann, in der perfiden Denklogik der USA ist dieses Gebiet geradezu prädestiniert dafür, einen Bürgerkrieg anfachen zu können.
In den wirren dieses potentiellen Bürgerkrieges ist es denkbar, dass die noch bestehenden Verträge für nichtig erklärt werden. 

US-Präsident Obama sagte dem Süden vorsorglich schon einmal Unterstützung zu. Die USA stünden bereit, den Parteien bei der Lösung der Probleme nach dem Referendum zu helfen, ließ er verlauten.
Anders als China, das beim Engagement in Afrika langfristig denkt und die Rohstoffexporte vornehmlich in Infrastrukturprojekte bezahlt, geht die USA also nach der altbekannten Brechstangen-Methode vor: Das Land spalten, einen Bürgerkrieg entfachen, die Scherben zusammenfegen und sich anschließend als Schutzpatron für Frieden im Land feiern lassen. Habe ich etwas vergessen? Ach so, und natürlich einen neuen Öllieferungsvertrag mit der von den USA eingesetzten Marionetten-Regierung des Südens unterzeichnen, als Gegenleistung für diese friedensbringenden Maßnahmen.

Interessant dürfte sein, wie China auf diesen Affront seines Schuldners USA reagiert. Alles in allem kann man der sudanesischen Bevölkerung nur wünschen, dass sie sich nicht zum Spielball der imperialistischen Interessen der USA machen lässt. Dabei helfen könnte der Fakt, dass der Norden und Süden durchaus noch einige Jahre aneinander gebunden sind. Im Norden ist schließlich die ganze Öl-Infrastruktur angesiedelt, Raffinerien, Häfen, etc. der Süden kann im Gegenzug mit den Ölquellen aufwarten.

Wollen wir für den Sudan hoffen, dass sich die erdrückend und skeptisch stimmende 99-prozentige Mehrheit der Südsudanesen nicht täuscht und wie so viele andere auf den Teufel im Schafspelz hereinfallen.

Warum der belgische Weg Mode machen könnte


Der belgische Staat hat nun zumindest einen Rekord gebrochen: Es ist der europäische Staat, der in der jüngeren Vergangenheit die längste Zeit ohne Regierung überstanden hat. Während die Jugend protestiert, ist Belgien der Prototyp für die Verlagerung staatlicher Kompetenzen auf europäischer Ebene.
Zwischen 20.000 und 30.000 nahmen an Demonstrationen in der belgischen Hauptstadt Brüssel teil. Dies meldete die belgische Polizei, die Zahlen sind dementsprechend wohl zu niedrig.

Einer der Organisatoren offenbarte seine Motivation für diese Demo mit einem Satz: „Wir senden den politischen Führern die klare Botschaft, dass wir eine Regierung wollen“. Eine legitime Forderung in einem angeblich demokratischen Staat. Aber wollen die machtlosen Machthaber (das ist kein Widerspruch) überhaupt, dass der bevölkerungstechnisch heterogene Staat Belgien eine Regierung bekommt?

Nun, dieser Tage wird zumindest überall in der EU Wert darauf gelegt, der Bevölkerung Feindbilder zu liefern. Natürlich sollen diese nicht die wahren Feinde der europäischen Bevölkerungen abbilden, sondern im Idealfall dem „einfachen Volk“ entspringen. Ob nun in Deutschland der radikal-islamische Imam an die mediale Wand gemalt wird oder in Frankreich der gewaltbereite Einwanderer aus den ehemaligen Kolonien, die unter anderen für den Reichtum der heutigen europäischen Industrienationen verantwortlich sind. Oder ob in Belgien die Unterschiede zwischen Flandern und Wallonien herausgestellt werden, dass alte wie simple Prinzip wird beibehalten: Teile und Herrsche.

Die Intention dahinter ist, die Bevölkerung abzulenken, sie mit sich selbst zu beschäftigen, während die wichtigen Fäden hinter dem Schleier der „multikulturellen Probleme“ geschickt versteckt werden. Die Aushöhlung der nationalstaatlichen Kompetenzen wird ja gerne mit hehren Zielen begründet, schließlich geht es um die Zukunft Europas und alternativlos ist es sowieso, Nationalstaaten haben alleine gelassen auf weltpolitischer Bühne keine Möglichkeit der Intervention etc. etc.

Die vermeintlich Mächtigen vergessen bei all ihrer Rhetorik schlicht, dass das Volk, von dem ihre Macht abhängt, leider mitspielen muss. Auch wenn die nationalstaatlich-zentrierte Demokratie in den Augen einiger antiquiert daherkommen mag, so ist sie für die Bevölkerung das identitätsstiftende Moment schlechthin, nur noch getoppt von der Sprache. Es dürfte sich also mindestens schwierig gestalten, die Menschen ihrer Nationen zu berauben. 

Da kann auch kein herbei geschriebener innerstaatliche Konfliktherd helfen und ein Pseudo-Volksentscheid auf EU-Ebene, der selbst bei erfolgreichem Erreichen der hohen Anforderungen keine europäische Institution dazu verpflichtet, sich auch wirklich mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen, kann darüber ebenfalls nicht hinwegtäuschen.

Der Versuch wird dennoch unternommen werden. In gewissen Zyklen vergessen Mächtige eben, worauf ihre Macht ruht: Auf der Vereinbarung mit der Bevölkerung, dass diese ihre Macht einem Dritten überlässt, der diese im Gegenzug dazu einsetzt, der Bevölkerung Frieden, bescheidenen Wohlstand und Glück zu ermöglichen.

Da der Leidensdruck, warum auch immer, anscheinend immer noch nicht hoch genug ist, dauert es wohl noch eine Zeit, bis die Bevölkerungen Europas ihre Machthabenden an diese Vereinbarung erinnern.