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Samstag, 26. Februar 2011

Die Nicht-Demokratisierung Arabiens

Statt das schizophrene Loblied der Demokratie zu singen, sollte sich der Westen mit der Tatsache abfinden, dass er sich auf dem absteigenden Ast befindet und die Umstürze ein Beweis dafür sind.

Wenn wir uns die jüngsten Umbrüche und Umbruch-Versuche in den Ländern der arabischen Welt anschauen, dann stellt sich zunächst die Frage, warum gerade jetzt hüben wie drüben derartige Entwicklungen vonstattengehen.  Dazu sei auf die explosionsartigen Preiserhöhungen bei Lebensmitteln verwiesen, die diese Revolten auslösten. Die Preise erklären aber nur einen Teil der grassierenden Umwälzungen. Wenn der Noch-Diktator Gaddafi auf al Kaida verweist, das nach seiner Ansicht für die Revolution in Libyen verantwortlich ist, stellt sich naturgemäß zunächst die Frage: Wen meint er damit?

Nun, wer mit offenen Augen und Ohren durch sein Leben geht, der kennt die Antwort: Indirekt macht Gaddafi die CIA und somit die US-Administration für die Proteste in seinem Land verantwortlich. Man könnte ja meinen, dass eine instabile arabische Region, die den Ölpreis in die Höhe treibt, so gar nicht im Interesse der US-Regierung liegt, was korrekt ist. Viel wichtiger ist aber, dass es sehr wohl einige elitäre Zirkel in den USA und Europa gibt, die sich bei einer Erhöhung des Ölpreises die Hände reiben, ob der bevorstehenden Gewinne, die aus ihm resultieren. Wie hoch genau der  Einfluss dieser Zirkel ist, kann nicht mit letzter Gewissheit gesagt werden, wohl aber, dass dieser relativ hoch sein muss, andernfalls gäbe es eine andere Sozialpolitik im Westen und eine andere Verteilung des Reichtums auf diesem Planeten.

Libyen und Bahrain, beides Öl-reiche Länder, waren nicht annähernd so arm wie Ägypten oder Tunesien, hier reicht ein Blick auf das BIP pro Kopf. Dass es sich hierbei um Hungerrevolten handeln könnte, erscheint also zumindest mal fragwürdig. Wenn man optimistisch ist, so könnte man annehmen, dass es tatsächlich eine Demokratie-Krankheit gibt, die sich hochviral ihre Bahn in den arabischen Raum bricht. Pessimistisch betrachtet deuten die Umbrüche eher auf den schwindenden Einfluss der USA und Europa in dieser Region, denn immerhin waren die (Ex-)Diktatoren die letzten Jahrzehnte für den Westen gut genug, um für Ruhe zu sorgen und die Versorgung mit dem schwarzen Gold sicherzustellen. Es muss wie Hohn für die Bevölkerungen der arabischen Welt klingen, wenn die EU jetzt doch tatsächlich auf Waffenlieferungen in die Länder und in die Hände der Despoten verzichten möchte. Das Bild, was daraus erwächst, zeigt den Westen janusköpfig: Demokratie? Unbedingt! Auf Kosten der Wirtschaft? Niemals!

Das viel besungene Tandem Kapitalismus und Demokratie offenbart sich als Lüge, denn der Kapitalismus kommt auch wunderbar ohne Demokratie zurecht, ebenso wie die Demokratie auf einen Kapitalismus westlicher Prägung verzichten kann, ohne auch nur einen Jota an ihrer Funktionsfähigkeit einzubüßen.
Was wir hier sehen, ist dementsprechend mitnichten eine Demokratisierungswelle, die über Arabien schwappt, viel eher sehen wir den geordneten Rückzug der einstigen Weltmacht USA. Wo früher das Füllhorn entleert wurde, wenn es zu Aufständen gegen Diktatoren kam, ist heute Leere. Das liegt nicht daran, dass die USA auf einmal kein Interesse mehr an einer durch Repression erkauften Ruhe hätten. Diese Friedhofs-Ruhe kann schlicht deshalb nicht mehr aufrecht erhalten werden, weil die USA selbst mit verschiedensten innerstaatlichen Problemen zu kämpfen haben. Die Bevölkerung der USA erkennt nämlich langsam, dass sie während der vergangenen Dekaden in einer Art Wachkoma gelegen hat und hinter ihrem Rücken die Demokratie zu Grabe getragen wurde. Sollte sich diese Erkenntnis bei der Mehrheit durchsetzen, was bezweifelt werden darf, dann können wir demnächst eine Redemokratisierung der USA erleben. Wie diese aussieht, weiß niemand, allerdings sind beispielsweise die 43,6 Millionen US-Bürger, die auf Lebensmittelmarken angewiesen sind, geeignet, um als Keimzelle für eben diese Redemokratisierung zu dienen.

Sollte die Ölversorgung des Westens auf unbestimmte Zeit nicht gesichert sein, so ist eine konjunkturelle Abkühlung noch das geringste Problem. Viel eher muss der Westen sich dann auf ein Ende seines im Vergleich zur Welt mehr als dekadenten Wohlstands einstellen. In dieser Phase sind Bilder, die wir heute lediglich in Arabien sehen, von gewaltsamen Protesten und einer auf das Volk schießenden Armee auch bei uns möglich. Denn sobald die Hand, die einen füttert, diese Fütterung einstellt, wird jeder im Volk radikal und hackt sie ganz einfach ab. Dass die, um im Bild zu bleiben, Hand dies zu verhindern versucht, liegt in der Natur der Sache, die oben skizzierten Methoden des händischen Machterhalts widersprechen zwar dem Wesen der Demokratie, nicht aber der Logik des Machterhalts. Was mehr wiegt, ist nicht schwer zu erraten…

2 Kommentare:

  1. Ich denke, es geht eher um die Geschäftszahlen einzelner Konzerne und Lobbys, also die Profite der Schattenregierung und ihrer Sippschaft, als die Stablisierung der Wirtschaft als Ganzes, sonst würden die ergriffenen Maßnahmen weniger hirnrissig anmuten. Die Stimmen, welche diese idiotisch wirkende Flickschusterei als ein Spiel auf Zeit ansehen, dürften wohl richtig liegen.
    Gaddafi ist ein skrupelloser Verrückter. Al-CIAda hat andere Sorgen! Obwohl es eventuell kein Zufall ist, daß die UNO keine Hilfstruppen schickt, oder wenigstens sofort die Waffenexporte dorthin stoppt. Wieder paar ausgemerzt von den über 6 Milliarden Menschen zu viel, auch bringt Krieg massenhaft Geld.

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