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Dienstag, 28. Juni 2011

WiSoPol: Externer Artikel II

 Die radikale Steuerreform von Paul Kirchhof.

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Samstag, 25. Juni 2011

Das liberale Dilemma

Egal was die FDP momentan versucht, so recht in die Spur will sie nicht finden. Nachdem sich die Liberalen zu Beginn ihrer Regierungsarbeit von ihren hehren Zielen verabschieden und das eine oder andere PR-Desaster überstehen mussten, wollen sie sich nun wieder ihrem Markenkern widmen: Steuern runter. Es scheint aber so, als hätte die deutsche Bevölkerung keine Lust auf geringere Steuern. Der einstige Garant für hohe Zustimmungswerte innerhalb Deutschlands scheint keiner mehr zu sein.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner traut sich nun aus der Deckung und nennt im "Tagesspiegel am Sonntag" 9 Milliarden Euro als Entlastungsziel. Der eiserne Kassenwart der bundesdeutschen Republik, Wolfgang Schäuble (CDU), hingegen sieht kaum Spielraum für Steuersenkungen und erntet dafür nicht etwa Ablehnung, sondern kann sich der Zustimmung der Bevölkerung sicher sein. Das Bild vom bescheidenen Deutschen wird gezeichnet.

Das Problem der FDP ist doch, dass sie ihre Pläne nicht gut genug kommuniziert. Viele Menschen denken an Steuersenkungen für Hotels oder für Reiche, wenn die Liberalen davon sprechen, den deutschen Steuerzahler entlasten zu wollen. Dass es im Gegenteil darum geht, die kleinen und mittleren Einkommen steuerlich zu entlasten und der sogenannten "kalten Progression" das Wasser abzugraben, das ist anscheinend noch nicht überall angekommen. Seit Jahren wurde Deutschland dadurch global wettbewerbsfähig gemacht, dass die Löhne entweder gar nicht stiegen oder nur eine sehr moderate Steigerung erfuhren, die meist schon von der Inflation verfrühstückt wurde. Wenn es jetzt eine Partei gibt, die sich nicht energiepolitische Großexperimente auf die Fahne geschrieben hat und stattdessen steuerliche Entlastungen in der Breite durchsetzen will, dann ist dies zunächst ja einmal positiv, völlig unabhängig davon, wie man jetzt persönlich zu dieser Partei steht. Es scheint fast so, als ob es die FDP niemandem Recht machen könnte. Verzichtet sie auf ihre zentrale Forderung wird ihr politisches Umfallen vorgeworfen. Wenn sie vorschlägt, die Steuern um  - in diesen Tagen lächerlich anmutende - 9 Milliarden Euro zu senken, wird ihr aber auch nur finanzpolitischer Dilettantismus um die Ohren gehauen.

Vielleicht sollte sich die FDP ähnlich gerieren wie die Bionaden-Trinker, die stundenlang leidenschaftlich darüber diskutieren, ob man jetzt dem Ausstieg bis 2022 zustimmen sollte oder lieber den Ruf der Dagegen-Partei manifestiert und für einen Ausstieg bis 2017 plädiert. Die Spitze der Grünen jedenfalls ist für den Plan von der Regierung Merkel, wohl auch um sich die schwarz-grüne Alternative 2013 nicht zu verbauen. Würde sich die FDP an den Grünen ein Vorbild nehmen, so wären sie immerhin medial deutlich präsenter, ob nun berechtigt oder nicht.

Immerhin könnte es die FDP verstanden haben, dass in einer Koalition mit der Merkel-CDU Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner kein guter Ratgeber ist. Und auch Merkel müsste den FDP-Steuerplänen zustimmen, will sie sich auf den koalitionären Juniorpartner bei der Abstimmung über den Europäischen Stabilisierungsmechanismus verlassen können. Der FDP-Politiker und Bundestagsabgeordneter Frank Schäffler sieht die EU bereits auf dem Weg in die monetäre Planwirtschaft und den politischen Zentralismus. Wenn diese Stimmen innerhalb der FDP-Bundestagsfraktion mehr Gehör finden und Merkel eine Niederlage bei der Abstimmung beizubringen drohen, kann man sich auf den Machtmenschen Merkel verlassen. Sie wird der FDP dann einen Knochen zuwerfen. Bleibt nur zu hoffen, dass der Knochen nicht splittert und der FDP ernsthaften Schaden zufügt. Immerhin musste die FDP bislang stets als Prügelknabe für die Missetaten der Bundesregierung herhalten.

Montag, 20. Juni 2011

Europas Politiker im Wartestand

Die Nacht-Sitzung der europäischen Finanzminister ging ohne Ergebnis zu Ende. Statt die 12 Milliarden Euro, die nächste Tranche aus dem Hilfspaket für Griechenland, zu bewilligen, spielen die Politiker auf Zeit und mit dem Feuer.

Zunächst wolle man abwarten, ob das griechische Parlament den neuerlichen Austeritäts-Maßnahmen zustimmt. Das Kalkül dahinter ist, den griechischen Parlamentariern ein weiteres Ja zum Sparen abzupressen, da ansonsten die Staatspleite droht. Diese Drohkulisse sollte fruchten, so zumindest die Hoffnung der EU-Oberen. Ob dieser Plan aufgeht, hängt aber besonders davon ab, ob die sozialistische Regierung in Griechenland überhaupt noch das Vertrauen des Parlaments genießt. Die für die Nacht auf Mittwoch geplante Vertrauensfrage dürfte für die Europäer entscheidend dafür sein, ob weiterhin Geld fließt oder nicht. Bis dahin wird sich nun zunächst in stiller Schweigsamkeit geübt, um die Verhandlungsposition der EU gegenüber Griechenland zu stärken.

Die Vertrauensfrage im griechischen Parlament ist allerdings mitnichten eine Formalie. Die amtierende Regierung verfügt lediglich über eine Mehrheit von 5 Stimmen im Hohen Haus. Von der Opposition ist keine Schützenhilfe zu erwarten und ob der Coup des Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, den Verteidigungsminister des Landes nun in den Finanzkrieg zu entsenden und zum neuen Finanzminister zu küren, auch wirklich einer war, wird sich erst in der Nacht zu Mittwoch entscheiden.

Die Menschen auf den Straßen der griechischen Metropolen haben ihr Urteil hingegen längst gefällt: Deutschland, Frankreich und die EU sind als Schuldige ausgemacht worden. Schuldig im Sinne der wirtschaftlichen Talfahrt, hervorgerufen durch die immer neuen Sparpakete, die dennoch nicht ausreichen, um den Moloch der Staatsschuld trocken zu legen.

Die Nervosität ist besonders auf den europäischen Finanzplätzen sicht- und spürbar. Eigentlich war erwartet worden, dass die 12 Milliarden Euro heute ausgezahlt werden, auch um den Griechen und der EU erneut Zeit zu kaufen. Selbst wenn diese Tranche ausgezahlt wird, so muss sich Angela Merkel auf innerkoalitionäre Turbulenzen einstellen: Ihr erneutes Einknicken vor dem Charmebolzen aus Frankreich hatte ihrer ohnehin wackeligen Mehrheit für ein erneutes Sparpaket einen Stoß versetzt. Ob die Mehrheit nun noch vorhanden ist, nachdem sie eigenmächtig entschied, dass die Banken auf freiwilliger Basis an der Euro-Rettung teilnehmen, kann mit letzter Gewissheit nicht gesagt werden. Das Echo auf ihre Entscheidung, u.a. hier zu lesen, ließ jedenfalls nicht lange auf sich warten. Was hat Merkel noch in der Hand, um den Abgeordneten ein Ja abzuringen?

Für die FDP dürfte es interessant sein, die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze zu kassieren, im Gegenzug zu ihrem Ja zum finanzpolitischen Wagnis der Bundesregierung. Dies würde aber eine herbe Niederlage für die CSU bedeuten, die den allseits geschätzten und seinem Amt durch und durch gewachsenen Innenminister auf Bundesebene stellen. Zwar stehen auch noch andere Programmpunkte auf der Regierungs-Agenda, die Reform der Pflegeversicherung zum Beispiel, allerdings dürfte es für Merkel nicht leicht werden, zwischen den drei Regierungsparteien einen Interessenausgleich zu verwirklichen und ihr oberstes Ziel - Griechenland nicht pleite gehen zu lassen - ebenso zu erreichen. Die machtbewusste Kanzlerin dürfte spätestens dann von ihren wenig ambitionierten Plänen, die private Finanzwirtschaft freiwillig an einer Umschuldung Griechenlands teilnehmen zu lassen und Milliarden zu versenken, ablassen, sobald sie ihre eigene Mehrheit in Gefahr sieht. Es wird dieser Tage jedenfalls nicht unwahrscheinlicher, dass sich unsere Kanzlerin in der Rolle von Papandreou wiederfindet und sich ihrerseits des Vertrauens des Bundestages rückversichern muss.

Donnerstag, 16. Juni 2011

WiSoPol: Externer Artikel I

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Samstag, 11. Juni 2011

Endlich Sommer...

Jetzt haben wir endlich mal Zeit abzuschalten. Es passiert ja auch nicht wirklich was. Mal abgesehen von der steigenden Gefahr einer Staatspleite der USA, dem Bilderberg-Treffen und dem großen Ungemach, was für den Euro aus Karlsruhe droht.

Die im deutschen Blätterwald hochstilisierte EHEC-Seuche hat ihr mediales Verfallsdatum langsam überschritten, die Troika aus EZB, IWF und EU hat in ihrem Bericht der Auszahlung der nächsten Kredittranche zugestimmt und warm ist es auch.

Ein wesentlich kühlerer Schauer hätte über den Rücken so einiger Zentralbanker laufen müssen, angesichts der chinesischen Warnung, dass die Zahlungsunfähigkeit der USA drohe. Der fortwährende Budget-Streit zwischen Demokraten und Republikanern scheint den Sommer zu überdauern, jedenfalls bis zum 2. August. Sollten sich beide Parteien bis dahin nicht geeinigt haben, können die USA ihre Schulden nicht länger durch neue Schulden austauschen, jedenfalls nicht ohne Umgehung des US-Kongresses. "On the edge", auf Messersschneide steht das ohnehin lächerliche AAA-Rating der USA. Selbst den US-Ratingagenturen, denen man nicht nur durch ihrer geografischen Nähe eine enge Beziehung zur US-Regierung nachsagen könnte, wird es im politischen Washington zu bunt. Die drei Großen der Branche verteilen Warnschüsse.

Unterdessen kann sich Europa - wenn auch nur für kurze Zeit - darüber freuen, dass die überaus unvoreingenommenen Herren der Troika grünes Licht für die nächste Tranche an Griechenland gegeben haben. 12 Milliarden Euro, immerhin, sind den Griechen also sicher.
Der Euro ist es auch, der den Bilderbergern in St. Moritz zum Thema gereicht wurde. Abgesehen von den Themen, die dem Argument, es handle sich bei diesem durch und durch intransparenten Treffen lediglich um ein Partie Golf unter alten Freunden, den Boden entziehen, macht doch auch ein Name auf der Liste der Teilnehmer aufmerksam.
 Peer Steinbrück (SPD), ehemaliger Finanzminister, ist laut dieser Liste auch zugegen. Zumindest beim letzten "Genossen", der auf einem solchen Meeting ebenfalls in situ war, fruchtete der Besuch und er eroberte nur kurze Zeit später den politischen Chefposten in Hamburg. Landespolitische Erfahrung, wenn auch wenig gute, hätte Steinbrück, er kann immerhin auf eine dreijährige Amtszeit als Ministerpräsident von NRW zurückblicken. Auf bundespolitischer Ebene wird es schon schwieriger für ihn, sich ein mächtiges SPD-Amt zu holen, die SPD hat momentan davon einfach nicht so viele zur Verfügung. Den Fraktionsvorsitz von Steinmeier wird er nicht kriegen, dazu ist dieser momentan zu populär. Bliebe noch der Parteivorsitz. Den amtierenden SPD-Chef zu stürzen, wäre ungleich leichter, als das selbe bei Steinmeier zu probieren. Dennoch müsste dies bald geschehen, da es immer unwahrscheinlicher erscheint, dass die amtierende Regierung Merkel bis 2013 durchhält.

Dies hat auch damit zu tun, dass die Griechenland-Rettung noch nicht in trockenen Tüchern ist. Merkel konnte am Freitag bei der Abstimmung über einen Entschließungsantrag des Deutschen Bundestages nur knapp ihre Mehrheit halten. Sie hätte zwar keine Abstimmung über ein Gesetz verloren, aber die Parlamentarier hätten ihr nicht das Mandat gegeben, um in Europa über die Griechenland-Hilfen zu verhandeln, sie hätte gar nicht gewusst, was in Berlin überhaupt noch eine Mehrheit erhalten würde. Um dieser Peinlichkeit zu entgehen wurden die Parlamentarier mittels der Drohung, dass eine Nein-Stimme das Karriereende zur Folge hätte, dann doch noch zu einem Ja bewegt, zumindest wenn man einem Zeitungsbericht glauben darf. Aus der Fraktionsdisziplin, die durchaus wichtig für die Handlungsfähigkeit der Parteien ist, wurde ein -Zwang. Dieser ist nach Artikel 38 Abs. 1 eigentlich ausgeschlossen.

Die Abgeordneten kriegt die amtierende Regierung also noch auf ihre Linie. Anders könnte dies beim Bundesverfassungsgericht aussehen. Dieses muss Anfang Juli in aller Öffentlichkeit verhandeln, ob der bereits vorhandene EU-Rettungsschirm in Höhe von 750 Milliarden € tatsächlich nicht gegen die in Art. 125 AEUV festgelegte Klausel verstößt, nach der Mitgliedsstaaten oder die EU nicht für ausufernde Staatsverschuldungen gerade stehen dürfen. Auch vor dem Hintergrund des geplanten Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) ist das Karlsruher Urteil richtungsweisend. Sollte das Gericht befinden, dass die Hilfszahlungen gegen geltende Verträge verstoßen, würde Deutschland wohl aussteigen müssen, die Folgen für den Euro sollten klar sein.

In diesem Sinne: Einen ruhigen und warmen Sommer wünscht euch WiSoPol.de