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Samstag, 20. August 2011

Die Krise in Scheiben

Der nasskalte Sommer geht, der heiße Herbst steht vor der Tür. Während Angela Merkel in diesem Herbst um ihre Kanzlerschaft fürchten muss, kommt die scheibchenweise Krise immer mehr in Schwung, die Scheiben werden dicker und bislang weiß niemand, wann uns das dicke Ende präsentiert wird.

Es schien ja längst wieder alles gut zu sein. Zwar gab es im Jahr 2011 ebenso wie in den Jahren zuvor auch Crash-Propheten, die den Untergang des Weltfinanzsystems herbeischrieben, -redeten und vielleicht auch -sehnten. Diese wurden zunächst von der konjunkturellen Lage Deutschlands Lügen gestraft, obschon dies wohl auch daran gelegen haben mag, dass sich die Statistiker unlauterer Taschenspielertricks bedienten. Das politische und wirtschaftliche Establishment jubelte, von Vollbeschäftigung war die Rede, Deutschland wurde zum neuen Hort wirtschaftlicher Prosperität hochstilisiert und galt als gutes Vorbild. Viel ist davon nicht übrig geblieben, das deutsche Wirtschaftswachstum im 2. Quartal betrug ersten Schätzungen zufolge 0,1 Prozent. Nun werden erste Schätzungen ja gerne noch einmal korrigiert und da wir nicht davon ausgehen können, dass die Statistiker durch die Bank weg pessimistisch seien, dürfte es bei einer etwaigen Korrektur eher nach unten als nach oben gehen.

Langsam offenbart sich auch für die breite Masse, dass die Rettungsaktionen der westlichen Staaten lediglich eine aufschiebende Wirkung hatten. Keines der grundlegenden Probleme der Weltwirtschaft wurde angegangen oder gar bereinigt. Die Probleme wurden nur unter einem Geld-Teppich gekehrt, in der Hoffnung, dass sie darunter bis ans Ende aller Tage begraben sein würden. Naivität ist noch das Freundlichste, was man zu einer derartigen "Politik" sagen kann.

Die schwelende Krise offenbart ihre hässliche Fratze nicht etwa durch einen Crash innerhalb von Stunden oder Tagen, sie beginnt langsamer und subtiler. Erst am Ende wird das Ausmaß vollumfänglich zu erkennen sein, dann nämlich, wenn aus der Wahrheit auf Raten eine wirtschaftliche Depression wird. Erst dann werden auch die Letzten begreifen, dass das vermeintliche Ende der Krise eigentlich nur der Beginn einer sich abermals verstärkenden Abwärts-Dynamik bedeutete. Die vergangenen Wochen waren nicht mehr als ein Vorgeschmack, eine Ouvertüre. Der Abgesang des Westens, die Auflösung der US-Hegemonie und somit logischerweise auch der wirtschaftlichen Vormachtstellung der USA dürften der vorläufige Schlusspunkt sein, nur wann dieser erreicht wird, weiß keiner so recht. Auch weiß niemand so wirklich, wie holprig der Weg zu diesem Punkt sein wird.


Auf Gedeih und Verderb versucht der Westen zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Nur in kleinen Dosen wird den Völkern des Westens die Tatsache verabreicht, dass der bequeme Weg der vergangenen Jahrzehnte, Schulden mit Schulden, d.h. Feuer mit Feuer zu bekämpfen, nicht länger beschritten werden kann. Dies wird aber nicht deshalb getan, weil sich die verantwortlichen Politiker plötzlich daran erinnern würden, dass sie ja vom Volk abhängig sind, sondern weil der Geld-Teppich, der über die Schulden gelegt wurde, zu dünn ist, um die unter ihm liegenden Probleme adäquat zu vertuschen. Gäbe es eine Möglichkeit, die Völker weiterhin anzulügen, würde diese auch genutzt werden, auch wenn dies zugegebenermaßen sehr pessimistisch klingt.


Unsere Bundeskanzlerin muss sich nun auch noch um ihren Job sorgen. Die FDP erneuert fast täglich ihr Nein zu den Eurobonds. Die "letzte Option", wie Merkel diese Eurobonds nannte, müsse noch nicht gezogen werden, so die Bundeskanzlerin, und dennoch weist ausgerechnet die FDP fortwährend darauf hin, dass die Eurobonds mit ihr nicht zu machen seien. Möglicherweise wird Merkel zusammen mit ihre EU-Freunden einen erneuten Versuch zur Etablierung der Eurobonds unternehmen, wenn der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) vom Bundestag ratifiziert wurde. Auch hier zeichnet sich ja schon innerkoalitionärer Streit ab, die Diskussion um die Eurobonds kommt demnach zur Unzeit. Fraglich bleibt nur, wie viel Zeit Merkel überhaupt noch hat, ehe sie ihr Amt aufgeben muss.

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