Samstag, 3. September 2011

Nachtigall, ick hör dir trapsen!

Ein Indikator der Federal Reserve von St. Louis kündigt eine noch schlimmere Krise als im Jahr 2008 an, als die Großbank Lehman Brothers bankrott ging. Die "Reserven" der Banken in US-Dollar haben sich seit Jahresbeginn verdoppelt, insbesondere im Juli ging es nach oben, nachdem sich die Euro-Krise auch auf die "too big to bail"-Länder Spanien und Italien ausbreitete. Kollabiert der Interbankenmarkt?



Die obige Grafik zeigt, dass amtliche Stellen und Zentralbanken auf massive Art und Weise ihre Reserven bei der Zentralbank der USA, der Federal Reserve, parken und sicher verwahren wollen. Dies geschieht immer dann, wenn das Vertrauen in die Stabilität der Privatbanken abnimmt und wenn diese Privatbanken sich untereinander weniger vertrauen. Was ist die Folge dieses schwindenen Vertrauens?
Nun, es dürfte - in Analogie zum Jahr 2008 - zu einem Zusammenbruch des Interbankenmarkts kommen. Dieser Zusammenbruch kündigt sich bereits seit längerem an und scheint nun mehr und mehr zur Realität zu werden. Wenn der Interbankenmarkt zusammenbricht, leihen sich die Banken untereinander kein Geld mehr, eben weil sie nicht wissen, wie es um diejenige Bank, der sie Geld verleihen, bestellt ist und ob sie ihren Kredit wiederbekommen. Nun ist aber gerade jener Interbankenmarkt für die Funktionsfähigkeit unseres Weltfinanzsystems essentiell, um nicht das böse Wort der Systemrelevanz zu gebrauchen.

Sollte der Interbankenmarkt tatsächlich austrocknen, dann dürfte dies dazu beitragen, dass wir künftig ein paar Großbanken weniger auf diesem Planeten haben. Nun ist dies ja zunächst einmal zu begrüßen, dennoch wären aufgrund der undurchschaubaren Verflechtungen zwischen den Banken sehr viele Geldhäuser vom Bankrott einer Großbank betroffen. Anders als 2008 scheint das Epizentrum dieses Mal in Europa zu liegen und nicht in den USA. Das sinkende Vertrauen in die europäischen Banken erhöht die Reserven der Federal Reserve. Erstaunlich daran ist, dass es in den Köpfen so mancher Banker anscheinend nur die Wahl zwischen Euro und US-Dollar gibt. Was aber, wenn beide Währungen im Begriff sind zu kollabieren, so wie sich dies momentan ankündigt? Es wird gerade so getan, als wäre die Wahl zwischen Pest und Cholera tatsächlich eine, jedoch ist das Ergebnis beider Dinge in etwa gleich...

Wenn man mal eine Bilanz der letzten Monate ziehen würde, so käme man darauf, dass der US-Dollar oder die US-Zentralbank mitnichten auch nur einen Yokto vertrauenswürdiger sind als die EZB oder der Euro. Die Unterschiede bestehen lediglich darin, dass der US-Dollar wegen der jahrzehntelangen Schuldenpolitik der USA im Arsch ist, während der Euro Zeit seiner Einführung nie aus selbigem herauskam. Das Pendeln zwischen Euro und US-Dollar verlängert lediglich das Siechtum des Finanzsystems, eine Genesung kommt so nicht in Gang.

Zurück zu den europäischen Banken. Die berüchtigten Kreditausfallversicherungen oder Credit default swaps (CDS) für europäische Banken sind bereits sehr hoch und deuten somit ebenfalls an, dass etwas mächtig faul ist. Die Gerüchte um die französische Großbank Societe General ließen deren Kurs neulich schon kräftig purzeln, wobei dies in dem damaligen Marktumfeld auch durchaus zu erwarten war. Die große Frage wird sein, welche Bank die EU nicht retten kann oder will, bei welcher Bank ein ähnliches Exempel statutiert werden soll wie damals bei Lehman. Nach endlos scheinenden Überweisungen nach Athen, Dublin und Lissabon sieht es fast so aus, als müsse nun mal eine Bank über die Klinge springen, wenn man sich schon nicht traut, Griechenland in die geordnete Insolvenz zu schicken und den Hellenen ihre Drachme wiederzugeben. Aber auch das könnte ja noch kommen, nachdem die Troika am Freitag wutentbrannt aus Athen abgereist ist. Die griechische Regierung hatte den Vertretern von IWF, EZB und EU nämlich mitgeteilt, dass sie keine weiteren Sparanstrengungen unternehmen wollen. Bevor hier jetzt wieder die Mistgabel herausgeholt und auf die faulen Griechen geschimpft wird, sollte man sich die Einsparungen, die Griechenland in den letzten Monaten durchgeführt hat, vor Augen führen. Wenn man dies tut, verflüchtigt sich auch der Zorn, der uns von Bild und Co. eingeimpft wird.

Alles im Eimer? Noch lange nicht. Wie oft der Untergang des US-Dollar oder des Euro in den vergangenen Monaten schon ausgerufen wurde, weiß ich nicht mehr. Beide Währungen gibt es noch immer, was uns zeigt, dass sie wesentlich widerstandsfähiger sind, als sich so manche Leute (u.a. meine Wenigkeit...) vorstellen konnten. Die Problematik besteht darin, dass beide Währungen kurz- und mittelfristig keine erneute Krise verdauen könnten. Der allerletzte Kreditgeber, die Staaten, haben bereits 2008ff. alles reingeworfen, was sie haben, sind sozusagen all-in gegangen. Einen neuerlichen Schock, wie er sich gerade ankündigt, könnte niemand mehr auffangen. Sicher, die Chinesen stützen beide Währungen und verlagern ihr Engagement zusehends in den alten Kontinent. Wer den Chinesen allerdings Dummheit unterstellt oder damit rechnet, sie würden tote Pferde reiten, der irrt sich. Abgesehen davon ist es um China nun auch nicht unbedingt rosig bestellt, zumindest wenn man die Inflation insbesondere der Nahrungsmittel betrachtet und andere Kleinigkeiten, wie den chinesischen Immobilienmarkt.
Aber besser ist es seit 2008 jedenfalls nicht geworden, von der kurzen konjunkturellen Erholung einmal abgesehen, die ohnehin nur deswegen zu Stande kam, weil rund um den Globus Billionen in die Hand genommen wurden...

2 Kommentare:

  1. Welche Bank wird es denn erwischen. Mein Tip ist die "Deutsche Bank".
    Und Ihrer?

    AntwortenLöschen
  2. Moin,

    zunächst einmal kannst Du ruhig Du sagen, sind ja hier nicht aufm Amt. :)

    Was deinen Tipp angeht, scheinst Du ja halbwegs richtig gelegen zu haben, wenn man sich den Kursrutsch gestern anguckt und die Aussagen von Joe betrachtet...

    Ich persönlich habe keine Glaskugel, weiß demnach auch nicht, welche Bank es "erwischen" wird. Am ehesten kommt für mich die SocGen aus .fr in Betracht.

    Viele Grüße,
    WiSoPol

    AntwortenLöschen