Die Zweckgesellschaft EFSF soll eine neue Zweckgesellschaft mit Kapital ausstatten, damit diese neue Zweckgesellschaft Staatsanleihen europäischer Länder direkt von diesen kaufen kann. Weiterhin darf die neue Zweckgesellschaft eigene Anleihen ausgeben und diese bei der EZB hinterlegen. Obendrauf gibt es noch eine Banklizenz. Die Europäer leben den amerikanischen Traum...
Der neueste Vorschlag aus Übersee, der laut dem US-Fernsehsender "CNBC" schon konkrete Formen angenommen hat, reiht sich ein in die Reihe der verzweifelten Versuche der Politiker, der Krise Herr zu werden. US-Finanzminister Geithner hatte schon am Wochenende auf der IWF-Tagung angemahnt, dass die Europäer mehr tun müssten, auch US-Präsident Obama kritisierte die Zögerlichkeit der Europäer. Nun soll es also eine neue Zweckgesellschaft richten, die von der alten Zweckgesellschaft, der EFSF, mit Kapital ausgestattet werden soll.
Anders als die EFSF soll diese nicht nur am Kapitalmarkt Staatsanleihen maroder europäischer Länder kaufen können, sondern auch direkt von den jeweiligen Ländern. Damit umgeht man den lästigen Markt und rückt näher zusammen, die befürchtete Schuldenunion wird konkret. Die EZB, die entgegen der eigenen Statuten momentan Staatsanleihen der Euro-Länder aufkauft, würde dadurch dem Vernehmen nach entlastet werden.
Die neue Zweckgesellschaft kann aber noch viel mehr: Sie darf beispielsweise eigene Anleihen ausgeben. Die Staatsanleihen Griechenlands und der anderen PIIGS-Staaten werden im Sinne des Outsourcing von der EZB weg- und zur Zweckgesellschaft hingeleitet. Diese Zweckgesellschaft könnte dann, weil sie ja so solvent ist, eigene Anleihen bei der EZB hinterlegen und sich bei dieser frisches Kapital besorgen, ergo eine Art Banklizenz erhalten.
Was bringt dieses neuerliche Vabanquespiel? Ziel ist es laut CNBC, dass diese neue Zweckgesellschaft Fremdkapital auftreibt, um so eine Hebelwirkung auf die vorhandenen Euro, die diese Zweckgesellschaft von der anderen Zweckgesellschaft EFSF erhält, zu ermöglichen. Im Raum steht, dass aus einem eingezahlten Euro bis zu acht Euro werden können. Dadurch verspricht man sich jenseits des Atlantiks eine bessere Ausstattung der immer neuen Rettungsschirme und Zweckgesellschaften.
Selbstredend dementiert Finanzminister Schäuble (CDU) derzeit noch vehement derartige Pläne. Nicht etwa, weil er sie tatsächlich nicht umsetzen wollte. Am Donnerstag steht aber noch eine lästige, weil rest-demokratische, Abstimmung im deutschen Bundestag an. Bei dieser geht es nicht um diese Pläne, sondern zunächst einmal um eine Ausweitung der EFSF und ein paar Milliarden mehr. Die FDP kritisierte, dass wenige Tage vor der Abstimmung über die EFSF-Ausweitung schon wieder gänzlich neue und tiefgreifendere Pläne auf den Tisch kommen. Eilig ließ Schäuble durchblicken, dass er von derartigen Plänen natürlich überhaupt nichts hielte.
Die Süchtigen an der deutschen Börse kümmern sich um derartige Aussagen herzlich wenig: Ein Kursanstieg von mehr als drei Prozent beim DAX am Dienstag zeugt davon. Die zuletzt arg gebeutelten Finanzwerte gewannen ebenfalls kräftig. Es stellen sich also zwei Fragen: Wer ist in Europa Koch und wer ist Kellner? Sicher, das uns die Amis reinreden, ist jetzt nichts soooo Neues. Lediglich die Vehemenz, mit der diese ihre Pläne zur Rettung des alten Kontinents vortragen, überrascht etwas. Immerhin könnte man ja auch zu dem Schluss kommen, dass die USA vor der eigenen Haustür genügend Probleme hat, beispielsweise eine hohe Arbeitslosigkeit, ein gelähmtes politisches System oder ein Millionen-Heer von Menschen, die auf Lebensmittelmarken angewiesen sind.
Die andere Frage, die sich stellt, ist, ob man Schäuble Glauben schenken darf, wenn er die oben vorgestellten Pläne ablehnt bzw. ob diese Ablehnung auch nach Donnerstag noch Bestand hat, wenn die EFSF-Erweiterung durch den Bundestag gepeitscht wird, selbstredend mit freundlicher Unterstützung von SPD und Grünen.
Zunächst dürfen wir uns aber auf die Abstimmung am Donnerstag freuen. Ob der Auftritt Merkels beim Talkmaster der Nation die eigenen Reihen tatsächlich geschlossen hat und ob es folglich zu einer Kanzlerinnen-Mehrheit reicht, ist bis zuletzt ungewiss. Wahrscheinlich reicht es knapp für Merkel, die Abgeordneten lassen sich bestimmt irgendwie einlullen, von den Skeptikern, die im Vorfeld bereits ihr Nein angekündigt haben, einmal abgesehen. Die vielen Unentschlossenen wird die Fraktion schon auf Linie bringen. Damit stünde einem weiteren Akt im europäischen Drama nichts mehr im Wege.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen