Da die im Mai abgehaltene Parlamentswahl in Griechenland
nicht zu stabilen Verhältnissen und Mehrheiten geführt hat, müssen die
griechischen Bürger am kommenden Sonntag erneut an die Wahlurnen treten. Bei
diesem Wahlgang dürfte die Syriza-Partei um Alexis Tsipras, der die Austeritäts-Maßnahmen
rundheraus ablehnt, stärkste Kraft
werden. Eine Besonderheit im griechischen Wahlsystem, nach der die stärkste
Kraft im Parlament 50 Zusatzsitze erhält, dient eigentlich dazu, klare
Mehrheiten in dem 300 Sitze umfassenden Hohen Hause zu gewährleisten. Mit der
durch den rigiden Sparkurs hervorgerufenen Fragmentierung bzw. Zersplitterung
der griechischen Parteienlandschaft droht diese „Mehrheits-Prämie“ jedoch genau
das zu verhindern, was eigentlich ermöglicht werden soll: Auch wenn die
Syriza-Partei stärkste Kraft werden sollte, ist eine Koalitionsbildung nahezu
ausgeschlossen, es sei denn, eine der etablierten Parteien bekennt sich zur
Abkehr von eben jenem Sparkurs, den sie in der jüngeren Vergangenheit so
glühend verteidigten.
Wenn eine der etablierten Parteien, in Betracht kommt hier
nach den jüngsten Umfragen wenn überhaupt die konservative Nea Dimokratia (ND),
stärkste Kraft werden sollte, droht dennoch ein politischer Stillstand in
Athen, da die ND zusammen mit der sozialdemokratischen Pasok, der zweiten
etablierten Partei, beim ersten Urnengang keine tragfähige Mehrheit
zusammenbekam und die letzten Ergebnisse der repräsentativen Befragungen kaum
Hoffnung darauf machen, dass sich daran etwas ändert. Die beiden Parteien, die
noch am ehesten für ein „Weiter wie bisher!“ stehen, können also aller
Voraussicht nach keine parlamentarische Mehrheit organisieren und auch die
Syriza-Partei wird dies kaum bewerkstelligen können. Selbst wenn es ihr
gelingt: Das Ergebnis bliebe das gleiche wie bei dem eben erwähnten Stillstand
im politischen Athen, da nicht zu erwarten steht, dass sich die Syriza nach der Wahl um 180° dreht.
Wenn die internationalen Geldgeber auch nur den Funken von
Glaubwürdigkeit behalten wollen, den sie ja gerüchteweise noch hier und da
haben sollen, müssen die Hilfszahlungen an Griechenland eingestellt werden,
sobald sich das griechische Volk dazu entschließt, den Sparkurs nicht länger
mitzutragen. Die Folgen sind ein Staatsbankrott, Austritt aus der Währungsunion
und Wiedereinführung der (bereits gedruckten) Drachme. „Und dann scheint über
Europa wieder die Sonne, oder?“
Leider nicht. Mit dem skizzierten Griechenland-Austritt
beginnt der Schlamassel erst. Der Nimbus der Euro-Zone, nach dem ein Land,
welches einmal den Euro eingeführt hat, diesen auch bis auf alle Ewigkeit
behält, wäre mit dem Ende der griechischen Tragödie gebrochen. Vornehmlich für
Investoren jenseits des Atlantiks wäre es folglich lukrativ, darauf zu wetten,
dass weitere Länder aus der Währungsunion ausscheiden, wodurch eine
selbsterfüllende Prophezeiung eingeleitet wird: Wenn nur genügend Leute mit
großen Summen auf den Austritt von Portugal, Spanien oder Italien setzen, so
käme dieser auf kurz oder lang auch.
Der kommende Sonntag
ist als Schicksalstag des Euro anzusehen, der Wahlausgang in Griechenland wird
über nicht weniger als den weiteren Verlauf der europäischen Geschichte
entscheiden. Auch deshalb konnte das jüngste „Rettungspaket“, welches dieses
Mal für Spanien geschnürt wurde, die Märkte allenfalls für einige Stunden „beruhigen“,
wobei hierbei auch die, gemessen an den strukturellen Problemen und der
schieren Größe Spaniens, lächerliche Summe von 100 Milliarden Euro reinspielt.
Es scheint fast so, als hätten sich die europäischen Politiker in ihrer
Telefonkonferenz darauf verständigt, den spanischen Banken für eine weitere
Woche der vermeintlichen Ruhe 100 Milliarden Euro in Aussicht zu stellen, um
den Griechen nach dem zu erwartenden Wahlergebnis die Schuld für den Zerfall
des Euro in die Schuhe schieben zu können.
Die fortwährenden Kontoräumungen in Griechenland, jeden
Tag werden bis zu 500 Millionen Euro von den Hellenen abgehoben, können als
Blaupause für die künftige Entwicklung in Europa dienen. Der massive
Vertrauensverlust der europäischen Bevölkerungen in den Euro und in das Gebilde
EU trägt der Tatsache Rechnung, dass der eingeschlagene Kurs von Merkel und
Konsorten, die Märkte mit Geld zu fluten und dem Volk immer noch mehr
Sparmaßnahmen abzuverlangen, folgende Erkenntnis hervorgebracht hat: Das Europa
von heute ist kein Europa der Völker, sondern ein Europa für Banken.
Werte Autoren,
AntwortenLöschenIch möchte mich gegen die von Ihnen gewählte Begrifflichkeit "Kontoplünderung" verwahren.
Menschen, die ihre Konten räumen, sind keine Plünderer, sondern haben das Vertrauen in die eigene und fremdbestimmte Politk verloren.
Letztlich holen sie sich nur ihr eigenes Geld wieder von den Banken.
Dies hat NICHTs mit Kontoplünderung zu tun!
In diesem Sinne wäre es sehr freundlich, wenn Sie auf solch semantische Pirouetten künftig verzichten möchten.
Besten Dank
Oeconomicus
richtig; nicht die Griechen plündern die Konten, sonder sie wollen verhindern, dass die EU, der griechische Staat oder die Gläubiger-Banken die Konten von Leuten plündern, die gar keine Schulden aufgenommen haben; wenn wir in Deutschland unser Geld nicht bald abheben droht uns ebenfalls, dass die Banken via staatliche Abgabe, Sondersteuer oder andere zum Gesetz gemachte Raubzüge unsere Konten plündern
LöschenHallo Oeconomicus, Anonym,
Löschenihr habt völlig recht. Ich habe es editiert.
Viele Grüße,
WiSoPol.
Da kann ich nur sagen toll WiSoPol jemanden rechtgeben Können und auch noch ändern Hut ab!
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